Struktur, wo es menschelt.

Mutterschafts- bzw. Vaterschaftsurlaub bei gleichgeschlechtlichen Ehen

Mutterschafts- bzw. Vaterschaftsurlaub
bei gleichgeschlechtlichen Ehen

Am 26. September 2021 hat das Schweizer Stimmvolk der Ehe für alle zugestimmt.
Damit wird die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren jener zwischen
Mann und Frau gleichgestellt. Diese Tatsache wirkt sich folglich auch auf die
Mutterschafts- bzw. auf die Vaterschaftsentschädigung aus der Erwerbsersatzordnung
aus.

Mögliche Entschädigungen aus der Erwerbsersatzordnung bei Mutter- bzw. Vaterschaft.

Gleichgeschlechtliche Paare haben auch Anspruch auf die Entschädigungen aus der Erwerbsersatzordnung bei Mutter- bzw. Vaterschaft. So wurden auch die Regelungen und gesetzlichen Grundlagen entsprechend angepasst.

Folgende bisherige Leistungen aus der Erwerbsersatzordnung kennen wir:

Mutterschaftsurlaub:

Mütter haben einen gesetzlichen Anspruch von 98 Tagen (14 Wochen) bezahltem Mutterschaftsurlaub sofern die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Wenn die Mutter während neun Monaten vor Geburt bei der AHV versichert war; und
  • die Mutter während dieser Zeit für mindestens fünf Monate einer Erwerbstätigkeit nachging.
  • wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt in einer Erwerbstätigkeit ist oder einen Barlohn im Betrieb des Ehepartners, der Familie oder des Konkubinatspartners bezieht.

Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung besteht auch dann, wenn aufgrund einer vorangehenden Erwerbstätigkeit Taggelder von der Arbeitslosen-, Invaliden-, Kranken- oder Unfallversicherung bezogen werden.

Die Mutterschaftsentschädigung beträgt 80 Prozent des Lohns, jedoch maximal 220 Franken pro Tag.

In der Regel beginnt der Mutterschaftsurlaub mit dem Tag der Geburt des Kindes. In gewissen Fällen kann er aufgeschoben werden. Muss z.B. das Neugeborene direkt nach der Geburt länger als zwei Wochen im Spital bleiben, so verlängert sich der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung um maximal 56 Tage, aber nur, wenn die Mutter danach wieder erwerbstätig ist. Diese Regelung ist seit dem 1. Juli 2021 in Kraft.

Übrigens: War die Mutter vor der Geburt im Kanton Genf erwerbstätig, so hat sie eventuell Anspruch auf ergänzende kantonale Leistungen. Informationen erhalten sind beim Office cantonal des assurances sociales in Genf: www.ocas.ch erhältlich.

Vaterschaftsurlaub:

Seit dem 1. Januar 2021 haben Väter Anspruch auf einen 14-tägigen bezahlten Vaterschaftsurlaub sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Wenn zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes der rechtliche Vater oder der Antragssteller die Vaterschaft innerhalb der folgenden sechs Monate anerkennt; und
  • wenn der Antragssteller neun Monate vor der Geburt des Kindes bei der AHV versichert war; und
  • wenn der Antragssteller während der Schwangerschaft der Mutter während mindestens fünf Monate eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.
  • wenn der Antragssteller zum Zeitpunkt der Geburt in einer Erwerbstätigkeit ist oder einen Barlohn im Betrieb des Ehepartners, der Familie oder des Konkubinatspartners bezieht.

Der Anspruch auf Vaterschaftsentschädigung besteht auch dann, wenn aufgrund einer vorangehenden Erwerbstätigkeit Taggelder von der Arbeitslosen-, Invaliden-, Kranken- oder Unfallversicherung bezogen werden.

Wie beim Mutterschaftsurlaub beträgt die Entschädigung 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens vor der Geburt des Kindes, höchstens aber 220 Franken pro Tag. Für die zwei Wochen Urlaub werden 14 Taggelder ausbezahlt.

Anders als beim Mutterschaftsurlaub ist der Vaterschaftsurlaub flexibel. Das heisst, er kann am Stück oder als einzelne Tage bezogen werden. Die Rahmenfrist beträgt sechs Monate. Somit muss der Vaterschaftsurlaub innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt des Kindes bezogen werden.

Ansprüche für gleichgeschlechtliche Ehepaare (Frau/Frau):

Mutter:

Die Gebärende (leibliche Mutter) hat Anspruch auf den gesetzlichen Mutterschaftsurlaub gemäss Erwerbsersatzordung sofern sie die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt.

Ehefrau der Mutter:

Seit der Zustimmung  der Ehe für alle wird die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren jener zwischen Mann und Frau gleichgestellt. Damit gilt die Ehefrau der Mutter als der andere Elternteil, wenn sie im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist und das Kind gemäss Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung durch eine Samenspende gezeugt wurde.

„Ist die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt mit einer Frau verheiratet und wurde das Kind nach den Bestimmungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes vom 18. Dezember 2018 durch eine Samenspende gezeugt, so gilt die Ehefrau der Mutter als der andere Elternteil.“
(Art.255a ZGB)

Somit hat die Ehefrau der Mutter ebenfalls Anspruch auf die gesetzliche Vaterschaftsentschädigung gemäss Erwerbsersatzordung, sofern sie die vorgenannten Bedingungen für eine Vaterschaftsentschädigung erfüllt.

Ansprüche für gleichgeschlechtliche Ehepaare (Mann/Mann):

Am 1. Januar 2023 tritt der zweiwöchige, über die Erwerbsersatzordnung entschädigte, Adoptionsurlaub in Kraft. Anspruch auf die Adoptionsentschädigung haben Erwerbstätige, die ein Kind von unter vier Jahren zur Adoption aufnehmen.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Adoptionsentschädigung sind die gleichen wie für die Mutter- und Vaterschaftsentschädigung:

  • Wenn der Antragssteller neun Monate vor der Geburt des Kindes bei der AHV versichert war; und
  • wenn der Antragssteller während dieser Zeit mindestens fünf Monate eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.
  • wenn der Antragssteller zum Zeitpunkt der Geburt in einer Erwerbstätigkeit ist oder einen Barlohn im Betrieb des Ehepartners, der Familie oder des Konkubinatspartners bezieht.

Die Adoptiveltern können wählen, wer von ihnen den zweiwöchigen Urlaub in Anspruch nimmt. Sie können den Urlaub auch untereinander aufteilen, ihn aber nicht gleichzeitig beziehen.

Achtung: Für Eltern, die das Kind der Ehegattin bzw. des Ehegatten oder der Partnerin bzw. des Partners adoptieren, ist keine Entschädigung vorgesehen.

Die Rahmenfrist des zweiwöchigen Urlaubs beträgt 12 Monate. Das heisst der Adoptivurlaub muss innerhalb des ersten Jahres nach der Aufnahme des Kindes entweder tage- oder wochenweise bezogen werden.

Wie bei der Mutter- oder Vaterschaftsentschädigung beträgt das Taggeld der Erwerbsersatzordnung 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das vor dem Beginn des Urlaubs erzielt worden ist, höchstens aber 220 Franken pro Tag.

Achtung: Alle Taggelder aus der Erwerbsersatzordung sind nicht beitragspflichtig in der Unfallversicherung und sind in der Lohnabrechnung entsprechend abzubilden und auszuweisen.

Fallbeispiele:

Beispiel 1:

Maria und Lisa sind verheiratet. Lisa ist seit 5 Jahren bei der Firma Muster AG als Marketingleiterin tätig und ist im neunten Monat schwanger. Maria ist seit einigen Jahren nicht erwerbstätig. Welcher Anspruch entsteht nun in dieser Situation?

Lisa erfüllt die Anforderungen für den Erhalt der Mutterschaftsentschädigung und hat entsprechend Anspruch auf den Mutterschaftsurlaub gemäss Erwerbsersatzordung.

Obwohl Maria mit Lisa verheiratet ist, war sie seit einigen Jahren nicht erwerbstätig und erfüllt die Anforderungen für einen Anspruch des Vaterschaftsurlaubes nicht. Somit hat sie keinen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub aus der Erwerbsersatzordnung.

Hätte jedoch Maria das Kind geboren, hätte sie keinen Anspruch auf bezahlten Mutterschaftsurlaub, Lisa jedoch auf den bezahlten Vaterschaftsurlaub.

Beispiel 2:

Paul und Manuel sind verheiratet und haben sich entschieden ein Kind zu adoptieren. Paul ist seit drei Jahren bei der örtlichen Schreinerei angestellt und Manuel ist Geschäftsführer seiner Firma MANU AG. Nachdem alle Formalitäten zur Adoption geregelt sind, fragen sie sich, wie das Einleben gestaltet werden soll und welche gesetzlichen Ansprüche aus der Erwerbsersatzordnung entstehen.

Das Ehepaar hat Anspruch auf den gesetztlichen Adoptionsurlaub. Sie erfüllen beide die vorgenannten Bedingungen. Sie haben nun die Wahl, wer zu wie vielen Teilen den 14-tägigen Adoptionsurlaub beziehen soll. Ab Aufnahme des Kindes, haben Sie ein Jahr Zeit diesen Urlaub zu beziehen.

Beispiel 3:

Thomas hat aus der Ehe mit Karin eine zweijährige Tochter, für welcher er das alleinige Sorgerecht hat. Er ist nun mit Michael verheiratet, welcher die Tochter adoptieren möchte. Michael ist seit 4 Jahren als kaufmännischer Angestellter erwerbstätig. Sollte das Amt dem Begehren zustimmen, hätte er Anspruch auf einen bezahlten Adoptionsurlaub?

Grundsätzlich würde Michael die vorgenannten Bedingungen für einen bezahlten Adoptionsurlaub erfüllen. Jedoch gilt der Adoptionsurlaub für Eltern, die das Kind der Ehegattin bzw. des Ehegatten oder der Partnerin bzw. des Partners adoptieren, nicht. Somit hat Michael keinen Anspruch auf den bezahlten Adoptionsurlaub aus der Erwerbsersatzordnung.

Tipp: Die Merkblätter zu den verschiedenen Ansprüchen aus der Erwerbsersatzordnung sind unter www.ahv-iv.ch abrufbar.

Dieser Artikel ist im Newsletter “Lohn- & Sozialversicherungen” von WEKA in der März-Ausgabe erschienen. Dieser Newsletter kann unter folgendem Link abonniert werden:
Newsletter WEKA Lohn- und Sozialversicherungen

Autorin: Martina Hess

MH Personal & Payroll GmbH
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