Struktur, wo es menschelt.

Die Marketing-Krise des Employer Branding – Gastbeitrag von Anna Bauer, Co-Founderin von Kibun

Die Marketing-Krise des Employer Branding

Der berühmte amerikanische Speaker und Autor Simon Sinek (Buch: Start with Why) besitzt die einzigartige Fähigkeit, brisante Themen aus einer neuen Perspektive zu beleuchten und auf frische und eindringliche Art und Weise zu kommunizieren. Zuletzt veröffentlichte er ein kurzes Video zur Klimaerwärmung, das die bisherigen Sichtweisen gehörig auf den Kopf stellt. Seine prägnante, zwei Kernfaktoren umfassende Kritik lässt sich eins zu eins auf das Thema Employer Branding übertragen. 

Wir verstehen Employer Branding falsch

Das Konzept des Employer Branding ist noch lange nicht in den Köpfen aller Unternehmer, Führungskräfte und Personalverantwortlichen angekommen. Auch wenn Arbeitspsychologen und Trendforscher die Bedeutung dieser Art der Imagebildung seit Jahren hervorheben, um die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens zu sichern. So wichtig Employer Branding ist, im alltäglichen Geschäft ist es nicht dringend. (Vielbeschäftigte) Personen wie Geschäftsführer kümmern sich bevorzugt um Dringlichkeiten, statt sich Zeit für Wichtiges zu nehmen. Das liegt in der Natur des Menschen. Damit sie wirklich zur Tat schreiten, müssen sie überzeugt, inspiriert und intrinsisch motiviert werden, etwas ändern zu wollen. Und das Gefühl haben, dass sie sich selbst entschieden haben, aus freiem Willen und Eigeninteresse zu handeln. Der klare Vorteil für sie als Individuum muss dafür auf der Hand liegen. 

Wir haben bei der Vermarktung des Employer Branding gegenüber vielbeschäftigten Menschen schlechte Arbeit geleistet. Wir haben die Menschen mit aussagelosen und allgemeinen Botschaften verwirrt, und wir sind davon ausgegangen, dass das Ideal einer Arbeitgebermarke Anlass genug zum Handeln ist. Doch dem ist nicht so.

Wie Sinek für den Klimawandel schlagen wir zwei grundlegende Änderungen an der allgemeinen Kommunikationsstrategie für Employer Branding vor:

Von Employer Branding zum überlebensfähigen Unternehmen

Employer Branding wird im deutschen als Aufbau einer Arbeitgebermarke bezeichnet. Ziel ist dabei, die aus dem Marketing bekannten Strategien zur Gewinnung und Bindung von Kunden für Mitarbeiter zu übernehmen und somit die Attraktivität des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt zu steigern. Das klingt ganz nett, wünschens-, vielleicht sogar erstrebenswert. Doch auch etwas vage und damit schwierig in der aktiven Umsetzung. 

Die Kommunikation zum Thema Employer Branding ist nicht deutlich genug. Es geht nicht darum, das eigene Unternehmen auch bei potentiellen Mitarbeitern zu vermarkten, Budget dafür zur Verfügung zu stellen und Pläne zu schmieden. Es geht darum, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Im Wettbewerb um die Talente von morgen und übermorgen zu bestehen und die Werte und Kultur des Unternehmens nicht nur zu definieren, sondern nach innen und außen zu leben. Jeder Mitarbeiter, der bei Freunden über seinen Arbeitgeber schimpft betreibt (negatives) Employer Branding. Wer sich dieser Themen heute nicht annimmt, verliert in naher Zukunft den Anschluss am Markt.

Wir müssen genau vermitteln, was das Problem ist, und zwar so, dass die Menschen es sofort verstehen und emotional empfinden. Menschen bekommen Krebs. Sie verstehen das Konzept. Sie haben das Bedürfnis zu handeln. Und sie verstehen, was fast immer mit einem Krebspatienten passiert, wenn er nicht handelt: er stirbt.

Unternehmen wird es gleich gehen, wenn sich ihre Geschäftsführer und Manager nicht mit der Attraktivität als Arbeitgeber, Unternehmenskultur und Zukunftsfähigkeit auseinandersetzen.

Statt Attraktivität steigern, dein Unternehmen retten 

Das ist der zweite Punkt von Sinek. Wir haben geglaubt, dass wir die Unternehmer zum Handeln bewegen könnten, indem wir ihnen sagen, dass wir die Arbeitswelt auf die Zukunft ausrichten, auf neue Gegebenheiten und die nachkommenden Generationen an Arbeitnehmern anpassen müssen. Aber im Großen und Ganzen haben sie nicht gehandelt.

Wir Menschen handeln im Allgemeinen in unserem eigenen Interesse. Besonders wenn es uns etwas kostet. Und die Veränderung der Arbeitswelt wird uns viel kosten.

Anstatt den Unternehmern zu sagen, dass wir jemanden oder etwas anderes verändern müssen, müssen wir sie warnen, dass sie und ihre Unternehmen in Gefahr sind. Sie müssen die Angst kennen und fühlen, die das Versäumnis zu handeln auf ihr eigenes Unternehmen haben wird.

Es geht nicht um die Arbeitswelt im Allgemeinen. Diese wird weiter bestehen, egal was kommt. Es geht um die einzelnen Unternehmen, die jetzt versäumen, sich auf die Zukunft vorzubereiten.

Wir messen Fortschritt zu langfristig

Wenn es im ersten Punkt von Sinek darum ging, wie man die Notwendigkeit, Employer Branding anzugehen, effektiv vermarkten kann, so geht es in diesem Punkt darum, wie laufende Maßnahmen zur Umsetzung sichergestellt werden können.

Nach Sinek sollte es bei der Art und Weise, wie wir den Fortschritt messen, eher um dynamische als um absolute Ziele gehen.

“Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir in Zukunft den Anschluss auf dem Arbeitsmarkt verpassen”, heißt es oft.

Doch “in Zukunft” ist ein vager Begriff. Und wir sind nicht nur egoistisch, sondern auch endliche Geschöpfe. Wir sehen gerne sofort die Ergebnisse unserer Handlungen. Dafür wollen wir nicht auf die Zukunft warten.

Wie bei den täglich aktualisierten Berichten der Coronavirus-Infektionen müssen die Menschen verstehen, wie sie heute, in dieser Woche, in diesem Monat und in diesem Jahr die Arbeitswelt verändern und ihr Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber positionieren können. Welche Maßnahmen kann ich heute ergreifen und welche Ergebnisse werde ich morgen sehen?

Unternehmer brauchen kleine, konkrete Ziele, die sie Schritt für Schritt erreichen können.

Fazit

Employer Branding ist ein schickes Buzzword. Doch es muss auf allen Ebenen eines Unternehmens gelebt werden, um Veränderung hervorzurufen und die Zukunftsfähigkeit zu sichern. Das Problem ist das Messaging, das Branding, das Marketing. Die Entscheidungsträger in Unternehmen werden sich erst mit dem Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke beschäftigen, wenn sie konkrete Maßnahmen und Ansätze dafür haben. Es wird sich in Zukunft lohnen, jetzt den ersten Schritt zu gehen.

Anna Bauer

ist Co-Founderin des Südtiroler Startups Kibun, das Unternehmen unterstützt, den ersten Schritt Richtung zukunftsfähige Arbeitgebermarke zu gehen. Mit der innovativen HR-Software werden die Stimmen der Mitarbeiter regelmäßig erhoben, um die Unternehmenskultur nachhaltig zu verbessern und über alle Hierarchien hinweg nach innen und nach außen zu leben.   

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